Plot und Plan: Wie du die Gefahren des Plottens vermeidest!

Die Meinungen gehen weit auseinander: Die einen schwören auf eine genaue Vorausplanung des Romans. Die einzelnen Kapitel und Szenen müssten im Voraus festgelegt werden, um beim Schreiben eines Buches einen fesselnden Text zu erschaffen. Die anderen verweisen auf die assoziative Kraft beim Schreiben. Erst sie mache Einfälle und Wendungen möglich, die in der trockenen Vorausplanung nicht abzusehen seien. Das Plotten kann, so scheint es hier, unseren Kreativitätsprozess empfindlich stören. (Ein Gastbeitrag von Andreas Schuster)

Doch worin genau liegen die Gefahren des Plottens? Und wie können wir sie vermeiden, ohne auf den Nutzen einer guten Planung zu verzichten?

Gefahren des Plottens

Ob das Plotten für dein Romanschreiben gefährlich wird, hängt letztlich von deinen Ansprüchen ab. In der Gegenwartsliteratur lassen sich grob drei Bereiche (Video Schreibtrainerin) unterscheiden. Das eine Extrem bilden Groschenromane als eine Form der Schemaliteratur. Diese kopiert die Regeln des jeweiligen Genres und setzt sie entsprechend der Tradition um. Auf der anderen Seite finden sich Werke mit hohem literarischen Anspruch, die meist besonders experimentell mit Sprache und Struktur operieren.

Der Bereich in der Mitte ist mit Abstand der größte. Hier lassen sich die Romane einordnen, die auf niveauvolle und besondere Weise unterhalten möchten. Dabei sind durchaus experimentelle Verfahren möglich, ohne dabei jedoch den Leser aus dem Blick zu verlieren.

Die Frage nach der Gefahr des Plottens ist für dich nur relevant, wenn du in diesem mittleren Bereich tätig sein möchtest. Genügt es dir, Liebes-, Kriminal- oder Abenteuerromane zu schreiben, ohne einen eigenen Stil zu entwickeln, so kannst du dich getrost an den typischen Plotmustern orientieren.
Siehst du dein Schreiben andererseits als hohe Kunst an, die durch keinerlei Vorgaben beschränkt werden darf, so benötigst du wohl überhaupt keine Tipps.

Falls du jedoch anspruchsvolle Unterhaltungsliteratur schreiben möchtest, ist die Frage für dich relevant. Hier solltest du einerseits die Macht bewährter Plotstrukturen für dich nutzen, andererseits jedoch aufpassen, dass diese dein Schreiben nicht diktieren.

Wenn wir die Handlung unseres Romans allein aus den Vorgaben typischer Muster heraus entwickeln, geraten dessen Figuren unter die Räder. Eine ganz entscheidende Qualität gelungener Romane liegt nämlich in der Vielschichtigkeit ihrer Charaktere. Legst du nun zu Beginn fest, was genau sich in deiner Geschichte in welchem Moment ereignet, stülpst du den Figuren Handlungen über wie Kleidungsstücke, die ihnen nicht passen.

Wenn es uns gelingt, wirklich lebendige Figuren zu erschaffen, ist es nicht möglich, sie bis ins kleinste Detail zu kennen. So überraschen sie beim Schreiben manchmal sogar den Autor. Und genau an diesem Punkt ereignet sich das Besondere literarischen Schreibens. Durch einen vorgegebenen Plot hingegen verlieren die Figuren die Möglichkeit sich zu entwickeln. Ist dies erst einmal passiert, geschieht es leicht, dass deren Handlungen nicht mehr überzeugen. Denn sie passen vielleicht zu dem, wie wir uns die Figuren vor dem Schreiben gedacht haben. Jedoch nicht zu deren lebendiger Entwicklung im Verlauf der Geschichte.

Dieser blockierende Effekt struktureller Vorgaben kann sich nicht nur in Bezug auf die Romanfiguren ereignen. Er kann unser gesamtes Erzählen in Mitleidenschaft ziehen. Dann führen wir beim Schreiben lediglich feststehende Vorschriften aus. Da kann es leicht passieren, dass sich die Assoziationskraft nicht länger entfalten kann und wir überhaupt nicht in den nötigen Schreibflow gelangen.

Chancen des Plottens

Wir verstehen uns selbst und die Welt immerzu in Form von Geschichten. Dabei gibt es Strukturen, die sich im Lauf der Geschichte herausgebildet haben. Diese sind beim Erzählen entstanden. Das Erzählen hat also die Plotstrukturen hervorgebracht und nicht umgekehrt.
Dennoch kann nun andersherum das Wissen über diese Plotstrukturen dabei helfen, gelungene Erzähltexte zu schreiben. Wir verfügen damit über ein mächtiges Werkzeug, indem wir wissen, wie Erzählen „funktioniert“. Der Plot ist in diesem Sinne nichts künstliches, sondern eine natürliche Struktur. Sie hilft uns dabei, unsere Story klarer herauszustellen.
Willst du, dass deine Romane Leser finden? Dann miss der Story beim Schreiben eine hohe Bedeutung bei. Es ist zwar überaus wichtig, einen besonderen Stil und eine einzigartige Sprache zu entwickeln, um ein ernstzunehmender Romanautor zu werden.

Ohne eine packende Story wird dich kaum jemand lesen wollen. Ein guter Plot ist die Seele deines Romans, ohne den all deine Bemühungen ins Leere laufen.

Wendest du die Geheimnisse des storytellings richtig an, fesselst du deine Leser schon allein durch die Geschichte. Die Dramaturgie mag sich von Roman zu Roman im Einzelnen unterscheiden. Es gibt jedoch Grundtypen (pdf, engl.), die sich in leichten Variationen immer wieder wiederholen. Nutze diese traditionsreichen Plotmuster! So wird dein Leser durch den Sog des Spannungsaufbaus von der ersten bis zur letzten Seite durch den Text gezogen. Selbst ohne den Einsatz weiterer Spannungstechniken wie Cliffhanger, Andeutungen oder Mikrostrukturierung fesselt so bereits die Story an sich.

Chancen nutzen, Gefahren vermeiden

Weder die Gefahren noch die Chancen des Plottens sind zu vernachlässigen. Vertrauen wir bedenkenlos dem Plot, den uns ein Storygenerator ausspuckt, so besteht die Gefahr, Schemaliteratur von der Stange zu verfassen. Verzichten wir jedoch darauf, kann es passieren, dass kein packender Roman, sondern lediglich ein für die meisten Leser unattraktives literarisches Experiment entsteht. Wie gehen wir also vor, um die Chancen zu nutzen und zugleich der Gefahr zu entgehen?

Das Schreiben eines Romans ist keine gleichförmige Tätigkeit. Vielmehr gibt es ganz unterschiedliche Phasen, die hierbei eine Rolle spielen. Der Kreativflow beim Schreiben ist ein vollkommen anderer Arbeitsmodus als die Planung oder die Überarbeitung. Wichtig ist es, den Plotstrukturen beim eigentlichen Schreiben nicht zu viel Gewicht einzuräumen. Wenn sie hier zu dominant sind, ist es schwierig, die assoziative Kraft beim Schreiben voll zur Geltung kommen zu lassen.

Die besten Ideen entstehen häufig aus dem Schreibfluss heraus. Diesen zu bewahren muss beim Schreiben an erster Stelle stehen. Es gilt, das Schreiben vor einengenden Ordnungsprinzpien zu bewahren. Andererseits kann in Planungs- und Ünerarbeitungsphasen das Plotten ein ungemein nützliches Instrument sein.

Der Wechsel zwischen den genannten Phasen muss nicht linear erfolgen. In der Praxis ist es für viele hilfreicher, flexibel zwischen ihnen zu wechseln, anstatt sie nacheinander abzuarbeiten. Nach einer ersten Grobplanung kann man also durchaus zu schreiben beginnen, ohne genau zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Manchmal genügt sogar schon eine erste Idee. Dies bedeutet jedoch nicht, vollkommen ohne Plan auszukommen. Vielmehr ist es hilfreich, bewusst zwischen der Ebene des Schreibens und der des Planens zu wechseln, wann immer dies nötig wird.

Die Entwicklung des Plots geht so Hand in Hand mit der Entwicklung der Charaktere und der Handlung. So vermeidest du auch die Gefahr, deinen Figuren eine Struktur überzustülpen.
Gehst du flexibel mit den unterschiedlichen Ebenen beim Romanschreiben um, wird die Ebene des Plottens zu einer Art Kompass für deine Geschichte. Deine Planung gleicht so nicht länger einer Vorschrift, die dein Schreiben einengt. Vielmehr bietet sie dir Orientierung, solange sie funktioniert.
Zugleich kannst du sie jedoch auch anpassen und modifizieren.

Verzettelst du dich also beim Schreiben, verstehst du nicht mehr, wo das Ganze hinführen soll; dann helfen dir bewährte Plots, um deine eigene Geschichte besser zu verstehen. Lass sie dabei nicht zum Dogma werden. Nutze sie als Instrument, nicht als Gesetzbuch. So machst du deinen Roman zum packenden Leseerlebnis, ohne dabei deine Kreativität einzubüsen.

Der Plot als Werkzeug

Die Gegenüberstellung von Gefahren und Chancen des Plottens hat eines gezeigt: Plotstrukturen sind ein mächtiges Werkzeug, um fesselnde Geschichten zu erzählen. Lerne jedoch, dich nicht von ihnen bestimmen zu lassen. Setze sie dann ein, wenn du sie brauchst und bewahre dir deine Freiheit beim Schreiben. So wirst du eine packende Story mit deiner ganz eigenen Art zu schreiben vereinen.

Andreas Schuster

Andreas Schuster

Andreas Schuster ist Schreibtrainer, Autor und Blogger.

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