Der eBook-Markt, das liebe Geld und die Nischengenres

Oft wird gesagt: gerade im elektronischen Publizieren bekommt die Nische ihre Chance! Das stimmt – und stimmt auch gleichzeitig wieder nicht. Hier versuche ich, auf diesen Aspekt kurz einzugehen.

Zur Zeit stehen im deutschen Kindle-Shop etwa 300.000 deutschsprachige eBooks zur Verfügung; davon etwa 70.000 belletristische Werke. Die Mehrzahl der eBooks verteilt sich also auf so genannte „Nischen“. Pro Woche kommen etwa 15.000 neue Bücher dazu.

Wieviel Geld kann man im Kindle Shop verdienen?

Das eBook auf Platz eins im gesamten Kindle Shop verkauft täglich über tausend Stück; Platz zehn etwa dreihundert Stück; Platz zwanzig nur noch zweihundert – Position hundert etwa achtzig und das Buch auf Rangposition zweihundert etwa fünfzig Exemplare pro Tag. Sollten Sie mit Ihrem Buch in die „Top 1.000“ im Kindle Shop eintreten, können Sie mit etwa 25 Verkauften pro Tag rechnen. Diese Verkaufskurve reicht hinunter bis Rangposition 300.000 … dieses letzte Buch verkauft vielleicht weniger als ein Exemplar pro Jahr – beziehungsweise 0,003 Exemplare pro Tag. (Stand Juni 2014)

Die Verkaufskurve im eBook-Shop

Die Verkaufskurve im eBook-Shop

Die Verkaufskurve wird erst ab den Top 1.000 finanziell interessant und erst ab den Top 500 zunehmend lukrativ – mit einem Vollroman, der zwischen 2,99 und 3,99 € angeboten wird, kann der Autor pro Verkauf 2,- bis 2,50 € einnehmen.

Negativ formuliert heißt das: Weniger als ein Promille aller Bücher verdient so viel Geld, dass ein Autor davon leben kann …

Kann ich als Autor vom Schreiben leben?

Positiv formuliert: es gibt im Kindle Shop heute ca. 1.000 Plätze, an denen mehr als 30,- € pro Tag verdient werden kann. Und etwa 5.000 Plätze, die einen Ertrag von 5,- bis 30,- € pro Tag erzielen können. Autoren, die mit mehreren Büchern so genannte „Midlist“ Positionen zwischen Rang 500 und Rang 2.000 halten können, sind bereits heute durchaus in der Lage, von ihren Büchern zu leben und sich nur noch aufs Schreiben zu konzentrieren!

Legen wir nun noch eine (wie steil auch immer sich entwickelnde) Wachstumsrate an, die in den nächsten Jahren zu mehr Lesern und Verkäufen im elektronischen Büchermarkt führen wird, könnte sich durchaus ergeben, dass einige tausend Autoren von ihrer Arbeit leben können – und manche von ihnen sehr gut!

Die Lüge vom „passiven Einkommen“

Oft wird versprochen: veröffentlichen Sie ein eBook – und sie werden jahrzehntelang Geld damit verdienen. Dem ist nicht so.

Die Legende vom Goldesel ist und bleibt eine Legende. Allerdings kann ein gut gepflegter und motivierter Esel dauerhaft einen wertvollen Beitrag zur wirtschaftlichen Lage eines Autors darstellen. Ich wiederhole: Gut gepflegt und motiviert!

Ein eBook ist ein lebendiges Produkt. Sie können es jederzeit bearbeiten, verbessern, aktualisieren; Sie können ein neues Cover darauf setzen, den Beschreibungstext optimieren; Sie können Ihr Buch bewerben und bekannter machen. Striegeln und bewegen Sie Ihren Esel! Dann wird er Ihnen treue Dienste leisten.

Vergessen Sie allerdings nie: ein neues Buch, das Sie für Ihre Leser schreiben, ist die sicherste Methode, Ihr Einkommen zu mehren.

Bestsellergenres und Nischenprodukte

Wenn wir uns die Top 100 im Kindle Shop ansehen, dann befinden sich dort sehr viele belletristische Werke, die sich an die größte Lesergruppe, die Frauen, wenden. Sie sind die größte Käufergruppe.

Seltener treffen wir auf Belletristik, die für Männer geschrieben ist – und noch seltener auf „Nischenprodukte“. Denn eine Plattform wie der Amazon-Shop ist stark darauf optimiert, die erfolgreichsten Produkte in den Vordergrund zu stellen und „ähnliche“ Produkte zu empfehlen.

Das führt dazu, dass bestimmte Genres übermäßig gut präsentiert werden. Während Produkte, die nur eine kleine Menge von Käufern ansprechen, gerade in den Bestseller- und Beliebtheitslisten kaum berücksichtigt werden.

Ein typisches Nischenprodukt im heutigen Kindle-Shop wäre etwa ein Dating-Ratgeber für Männer.

Ein solcher Dating-Ratgeber hätte im Kindle Shop und auf den Kindle-Lesegeräten einen schweren Stand, da er in den beliebtesten Bestseller-Genres kaum aufscheinen wird. Auch ist die absolute Käufergruppe (Männer zwischen 25 und 35 auf Partnersuche) am Kindle Lesegerät verhältnismäßig klein. Wo finden wir also unsere Leser?

Nischenprodukte finden Leser außerhalb des Shops!

Da wir in unserem Beispiel den Shop selbst als Vertriebswerkzeug vergessen können, müssen wir für unseren Dating-Ratgeber andere Lesergewinnungsformen finden. Dazu gehört etwa eine auf Suchworte optimierte Website, die auf Google-Suchanfragen wie „Frau kennenlernen“ anspricht; oder der Einsatz von Social Media, wobei gerade Facebook einen Schwerpunkt auf den „Beziehungsstatus“ möglicher Zielgruppen legt.

Gleichzeitig können wir den Preis für den Dating-Ratgeber durchaus höher ansetzen, da er kein unterhaltendes Mitnahmeprodukt, sondern eine wertige Unterstützung für ein hoch emotionales Interesse einer klar umrissenen Zielgruppe darstellt. Sollte unser Dating-Ratgeber auch nur 2 Exemplare pro Tag verkaufen, kann das bei einem passenden Preis von 7,99 € durchaus mehr als 10,- € am Tag ergeben.

Zusammenfassung:

  • Tausende Autoren haben allein im Kindle eBook-Shop die Chance, gutes Geld zu verdienen
  • Belletrische Werke mit dem Zielpublikum Frauen haben die größte Chance auf vordere Plätze
  • Nischenprodukte müssen auch „von Außen“, über das Web und Social Media, angetrieben werden

Hallo! Ich habe einen Science Fiction Roman geschrieben. Ist das jetzt Nische? Lesen Sie hier mehr zu Genres und dem wahren Kern eines Romans.

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4 comments

  1. Was der Artikel außer Acht lässt: Viele mäßig laufende Bücher ergeben zusammen ein „ausreichend laufendes“. Ein „Geheimnis“ wird hier aber angedeutet.

    Auch eine interessante Erfahrung meinerseits: Ob ein Männer- oder Frauenname auf dem Cover steht, scheint zumindest im „bescheidenen“ Liebesroman- und Erotik-Bereich relativ egal zu sein. Viele glauben ja, ein „Pseudogynonym“ verwenden zu müssen, oder bei Science Fiction möglicherweise umgekehrt.

  2. Der Erfolg eines eBooks hängt zum großen Teil von der gewählten Nische ab. Meines Erachtens sollte man am Anfang mit non-fiction Büchern beginnen. Zur Nischen und Keyword-Analyse nutze ich persönlich immer Publisher Rocket. Zu diesem Tool habe ich ein “How to Video” erstellt, das ich hier gerne verlinke : https://youtu.be/zcDu6eDrFi0

    Viele Grüße
    René

  3. Der Artikel ist sehr informativ! Mich würde noch interessieren, woher diese vielen aufschlussreichen Zahlen stammen. Über eine Quellenangabe würde ich mich sehr freuen! Und noch eine Frage: die Berechnung der Einnahmen (zw. 2 und 2,5€ pro Verkauf) beziehen sich auf selbst verlegte Romane?

    • Diese Zahlen stammen vom Kindle Shop selbst (in dem man bis vor ca. einem Jahr noch die Anzahl der Bücher in den einzelnen Genres nachlesen konnte). Die Verkaufszahlen bei den Rankings hatte ich damals bei Autoren direkt nachgefragt. Heute setzen sich diese Verkaufszahlen bei Leihtiteln zu ca. 50 % aus Käufen und 50 % aus Leihen zusammen. Die Berechnung der Einnahmen beziehen sich auf selbst verlegte Romane. (Kann man bei Amazon KDP nachlesen).

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